Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

29.06.13; Sidney Schering

Bescheidenheit ist nicht nur Zier

„Bescheidenheit ist eine Zier – sie zu achten, rat' ich dir!“ - das sagte meine Grundschullehrerin, wann immer sich jemand zu laut über seine gute Schulnote gefreut hat.

Ein gut gemeinter Rat, der heute bei Twitter und Co. aber oft falsch verstanden wird.

Dort regiert das so genannte „Humblebragging“. Das bedeutet, dass direkt nach einer freudigen Nachricht ihre Schattenseite genannt wird. Wer also seinen Freunden und Followern mitteilt: „Ich habe endlich meine Traumanstellung!“ , ergänzt dies etwa mit „Leider wollen meine neuen Chefs, dass ich einen teuren Anzug kaufe.“

Der Grundgedanke dahinter: Wer sich bloß freut, wirkt arrogant. Es ist bescheidener, auch etwas Schlechtes mitzuteilen.

Was in der Theorie schlüssig klingt, ist in der Praxis oft nur Gejammer: Ein guter Freund freut sich bei Facebook: „Endlich vergeben! Vorbei die Zeit der Einsamkeit!“ Innerlich gratuliere ich ihm. Doch er führt fort: „Leider haben sich die wöchentlichen Saufabende mit Freunden nun erledigt.“ Und schon rebelliere ich gedanklich.

Jemand anderes schreibt bei Twitter: „Hab' endlich 'ne Gehaltserhöhung! Nun hassen mich bestimmt meine Kollegen!“ Vielleicht hätten sie ihm ja gratuliert. Es ist nicht bescheiden, Freude mit falschem Gejammer zu verbinden. Sowas ist nur arrogant. Und unnötig. Denn es ist nichts dabei, sich mal ganz ehrlich zu freuen. Man darf es genießen, wenn was Gutes geschieht. Ehrlich!

Sprecherin: Alexa Christ

 

Audiobeitrag Bescheidenheit ist nicht nur Zier


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