Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

23.01.13; Jan Primke

Ich kann nicht klagen

„Wie geht‘s denn so?“ werde ich am Eingang zum Supermarkt gefragt.

„Ja, sehr gut geht‘s, ich kann nicht besser klagen!“.
„Prima, dann guten Einkauf und bis bald“,
„Ja, bis bald, mach‘s gut“.

Brot, Aufschnitt, Milch, Chips, Kaffeebohnen, Zahnpasta ... Habe ich etwas vergessen? Nein. Alles eingepackt.

Mein Blick fällt auf den randgefüllten Einkaufskorb. „Wow“, höre ich mich sagen und der Rentner vor mir in der Schlange dreht sich um. „Dauert lange, was?“ „Äh, ja kann sein“ sage ich „aber ich habe gerade über all die Sachen in meinem Korb gestaunt. Wahnsinn was wir uns alles kaufen können“.

Ein paar Minuten reden wir über das, was es früher nicht gab und was sich im Laufe der letzten Jahrzehnte getan hat. Sichtlich gerührt sagt der alte Mann zum Abschied zu mir: „Machen Sie was mit ihrem Reichtum!“

Seit dem gehe ich mit einem anderen Gefühl einkaufen. Ich habe mir vorgenommen, etwas weiter zu geben an Menschen, denen es nicht so gut geht wie mir. Menschen zu helfen, die Hunger haben. Kindern zu helfen, denen es nicht gut geht. Leute zu unterstützen, die anderen aufopferungsvoll helfen. Da will ich etwas machen, hier möchte ich mich verändern.

Eines habe ich mir an dem Tag im Supermarkt direkt abgewöhnt: Meine Antwort „Mir geht es gut - ich kann nicht besser klagen“ heißt bei mir jetzt „Mir geht es wirklich gut, ich kann sogar helfen.“

Sprecher: Daniel Schneider

 

Audiobeitrag Ich kann nicht klagen


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