Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

05.05.12; Pfarrer Rüdiger Schnurr

Wie lieblich ist der Maien (eg 501)

Musik (3) Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus.

Autor: Wundervoll sind sie, die Lieder im Mai: „Der Mai ist gekommen“, „Grüß Gott, du schöner Maien, da bist du wiedrum hier, tust jung und alt erfreuen mit deiner Blumen Zier“.  Aber schon vorher - noch in den kalten Tagen - wünschen wir uns den Mai herbei, damit er Sonne und Wärme bringt: „Komm, lieber Mai, und mache, die Bäume wieder grün.“ Wir heißen den Mai willkommen wie einen lang ersehnten Gast. Fast beschwörend wird der Wonnemonat gebeten, auch zu halten, was sein Name verspricht. Als ob es alleine an ihm liegt, wie wonnig wohl wir uns fühlen. 
Mein liebstes Maienlied weiß es besser:

Musik (2) 1. Strophe
Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt,
des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht.
Die Tier sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid.
Die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud.

Autor: Nein, nicht dem Mai verdanken wir die wiedererwachte Lebensfreude. Dass wir in dieser herrlichen Jahreszeit aufatmen und aufblühen, das macht die Güte Gottes. Ihn lobt darum die Schöpfung voll Freude und voller Lebenslust. Über 400 Jahre wird dieses Lied nun schon gesungen. 1604 hat Martin Behm es gedichtet. Da war er in seiner Geburtsstadt Lauban in der schlesischen Oberlausitz schon seit fast zwanzig Jahren Pfarrer an der Stadtkirche. Martin Behm hat schon in jungen Jahren lernen müssen, wie gefährdet das Leben ist. In seiner Heimatstadt gab es eine länger andauernde Hungersnot. Seine Eltern schickten den jungen Martin darum zunächst zu Verwandten nach Wien. Dort hörte er von dem damals berühmten Humanisten und Schulreformer Johann Sturm in Straßburg. Bei ihm wollte er unbedingt studieren. Von Johann Sturm wurde er genauso freundlich aufgenommen und gefördert, wie von seinen Verwandten in Wien. So brannte sich Martin Behm schon in jungen Jahren ins Herz: Ich bin nicht allein in meiner Not. Diese guten Erfahrungen prägten ihn für seinen späteren Dienst als Pfarrer. Da stand er dann seiner Gemeinde bei: in Kriegszeiten, in Hungersnöten und während die Pest wütete. Zum Beispiel mit seinen Liedern:

Musik (1) 1. Strophe
Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt,
des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht.
Die Tier sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid.
Die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud.

Autor: Über 500 Lieder von Martin Behm sind bekannt. Die meisten sind aus seinen Predigten entstanden. Gewissermaßen als Extrakt seiner Predigt-Gedanken. Die Menschen, die ihm anvertraut waren, konnten so ganz leicht Gottes Wort mit in ihren Alltag nehmen. Alltag zur damaligen Zeit hieß meist: Den Kampf ums nackte Überleben bestehen. Missernten, Hungersnöte, Kriege oder Epidemien bedrohten die Menschen immer wieder. Dass nach den harten, eisigen Monaten zuverlässig wieder freundliche, warme Tage folgen, dass nach dem Winter Frühling und Sommer kommen, das gab den Menschen damals die Gewissheit: Es gibt so etwas wie eine verlässliche Ordnung.
Doch für sie kann ja kein Mensch garantieren, Gott hält diese Ordnung in seinen Händen. Er alleine kann sie so bewahren, dass die Gaben der Natur den Menschen ernähren und das Leben erhalten. Darum wird an dieser Stelle das Lied vom lieblichen Maien zu einem Gebet:

Musik (1) 2. Strophe
Herr, dir sei Lob und Ehre für solche Gaben dein!
Die Blüt zur Frucht vermehre, lass sie ersprießlich sein.
Es steht in deinen Händen, dein Macht und Güt ist groß;
drum wollst du von uns wenden Mehltau, Frost, Reif und Schloß.

Autor: Pfarrer Behm kennt die Sorgen der Bauern nur zu gut. Alles scheint zu geraten, die Früchte haben prächtig an den Bäumen angesetzt, auf dem Feld wogen die Halme im Wind. Doch Pflanzenkrankheiten, ein später Frost oder im Sommer ein heftiger Hagelschauer, das ist mit der alten Bezeichnung Schloß gemeint, können die ganze Ernte im Nu gefährden. Davor möge Gott  seine guten Gaben beschützen. Doch genau wie die Gaben der Natur so liegt auch das Leben der Menschen in den Händen Gottes, meint Pfarrer Behm. Zu oft hat er erlebt, wie widrige Lebensumstände die Seelen von Menschen verändern. Von der Sonnenseite des Lebens geraten sie auf die Schattenseite. Die Lebenslust ist dahin und sie fragen sich: Hat das Leben überhaupt noch mehr zu bieten als Enttäuschungen und Kränkungen? Dem Pfarrer aus Lauban ist es offenbar ein großes Bedürfnis gewesen, seinen Gemeindegliedern gerade in Notzeiten einen Weg aufzuzeigen, wie sie ihr Leben unbeschadet bestehen können. Sie sollen auch für sich selbst um Gottes Zuwendung bitten. So wandelt Martin Behm sein Maienlied zu einem ganz persönlichen Gebet:

Musik (1) 3. Strophe
Herr, laß die Sonne blicken ins finstre Herze mein,
damit sich's möge schicken, fröhlich im Geist zu sein,
die größte Lust zu haben allein an deinem Wort,
das mich im Kreuz kann laben und weist des Himmels Pfort.

Autor: Gottes wärmende Sonne taut auch meine Lebensgeister wieder auf und bringt sie zum Blühen, wenn sie in Kälte erstarrt sind. Dann werden in mir Kräfte frei. Manchmal tue ich mich richtig schwer eine Predigt für den Sonntagsgottesdienst vorzubereiten. Die Woche war wieder bis an den Rand gefüllt mit allem Möglichen. Und wenn es Ärger gegeben hat, läuft gar nichts mehr von selbst. Ich muss mir helfen lassen. Ziellos blättere ich die Seiten meines Gesangbuches um. Doch dann ertappe ich mich, wie ich an einem der Lieder hängen bleibe und anfange, es zu singen. Und auf einmal ist sie da, die zündende Idee. Wie ein Sonnenstrahl von Gott wirken dann Liedverse und Melodie dieses Liedes und erwärmen mein Herz. Ganz oft lasse ich dann das Lied auch im Gottesdienst singen. So habe ich vor vielen Jahren auch das Lied vom lieblichen Mai für mich entdeckt. In der letzten Strophe seines Mailiedes legt Martin Behm uns die Bitte in den Mund, dass unsere Arbeit ein Lob für Gott sein möge. Bei allem, was wir tun, sollen wir uns so verhalten, dass unsere Arbeit Blüten trägt und Früchte bringt. Ich stelle mir jetzt einen ganzen Strauß mit bunten Blumen vor: die eine heißt, Freundlichkeit, eine andere Ehrlichkeit und daneben blühen Fröhlichkeit, Höflichkeit und Gelassenheit. Zeit füreinander und Geduld im Umgang miteinander gehören auch mit in den Strauß - und die Freude darüber, wenn einem anderen etwas gelungen ist...

Musik (1) 4. Strophe:
Mein Arbeit hilf vollbringen zu Lob dem Namen dein
und laß mir wohl gelingen, im Geist fruchtbar zu sein;
die Blümlein laß aufgehen von Tugend mancherlei,
damit ich mög bestehen und nicht verwerflich sei.

Musikinformationen:

Musik 1
CD-Name: WDR-Kompilation „Alte Choräle in neuen Sätzen“
Text:  Martin Behm
Meldodie: Johann Steuerlein
Arrangement: Eckhart Kuper
Chor:  Westfälische Kantorei Herford
Leitung: Hildebrand Haake

Musik 2
CD: Komm, Herr, segne uns. Alte und neue Chorsätze zum Ev. Gesangbuch
Titel:  Wie lieblich ist der Maien (für gemischten Chor a cappella) {Chorsatz}
Text:  Martin Behm
Meldodie: Johann Steuerlein
Repr. Interpret (TT): Kantorei der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche Berlin,
  Hoeft, Helmut

Musik 3
Tonträgertitel:  Deutsche Volkslieder - Wenn ich ein Vöglein
Werktitel: Der Mai ist gekommen
Interpretin: Stella Doufexis,
Conductors: Karl Friedrich Beringer,
20. August 2010, Sony Classical, (P) 2010 Sony Music Entertainment Germany GmbH,


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