Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

30.06.10, Pfarrer Michael Nitzke

Fast im Jenseits

„Kommt ein Mann in den Himmel,“ so fängt einer meiner Lieblingswitze an. Also: „Kommt ein Mann in den Himmel -

er ist immer sein ganzes Leben ein rechtschaffener Mann gewesen - oben angekommen kriegt er drei Tage lang nur Butterbrote, morgens, mittags abends. „Na gut, am Anfang kannst du noch nichts verlangen“, sagt er sich, aber dann sucht er den Allerhöchsten auf und fragt nach. Gott antwortet ihm freundlich: „Meinst Du, für uns beide lohnt es sich zu kochen?“

Rechtschaffene Menschen sind selten in unserer Zeit. Aber Menschen, die sich Gedanken über Himmel und Hölle machen, werden immer mehr. Zu denen gehört auch der amerikanische Schriftssteller David Eagleman, der im letzten Jahr ein Buch herausgebracht hat mit dem Titel: „Fast im Jenseits. „Oder warum Gott Frankenstein liest.“

Eine Geschichte beginnt mit den Worten: „Sie sterben drei Tode. Den Ersten, wenn Ihre Körperfunktionen versagen. Den Zweiten, wenn Ihr Körper ins Grab gelegt wird. Und den Dritten in einem fernen Moment in der Zukunft, wenn Ihr Name ein letztes Mal ausgesprochen wird.“

Dann ist es aus und vorbei mit der Unsterblichkeit. So zumindest das landläufige Verständnis. Unsterblich ist ein berühmter Star, ein beliebter Schriftsteller oder ein wohltätiger Mensch, weil sein Name so oft genannt wird, dass er nicht mehr aus dem kollektiven Gedächtnis wegzudenken ist. Aber was ist, wenn sich die Zeiten ändern, wenn irgendwann der Name dieses Menschen nicht mehr fällt?

Eagleman denkt die verschiedenen Formen der Jenseitserwartung konsequent durch und führt sie damit ad absurdum. Was bleibt da für den, der einen Reiseführer für das Jenseits sucht? Er muss sich an Gottes Sohn selbst halten! Der wird in der Bibel gefragt, ob denn eine Frau im Himmel alle ihre sieben Männer wiedersieht, die sie nacheinander rechtmäßig geheiratet hat. Und die wichtigste Frage hieß: „Wessen Frau wird sie sein?“ [Mk 12,23] Jesus antwortet: „Ihr irrt, weil ihr weder die Schrift kennt, noch die Kraft Gottes.“ Jesus hält gegenüber den Fragestellern an dem Glauben an die Auferstehung fest, aber wie genau das sein wird, sagt er nicht. Er sagt nur: „Sie sind wie die Engel im Himmel“, also, sie sind ganz anders, als wir uns das vorstellen können.

Bleibt die Frage, warum Eagleman meint, Gott würde Frankenstein lesen. Die Romanfigur Doktor Frankenstein hat einen toten Körper wiederbelebt und muss nun vor ihm fliehen, weil ihm dessen Kraft über den Kopf wächst. Eagleman schildert, dass Gott sich in Frankenstein wiedererkennt , weil er ebenfalls als machtloser Schöpfer vor seinen eigenen Kreaturen flieht.

„Kommt ein Mann in den Himmel!“ - Kommt er wirklich dort hin? Und was erwartet ihn da? Eagleman denkt mit allen menschlichen Mitteln alle Möglichkeiten durch und bleibt daher nur „Fast im Jenseits“, wie der deutsche Titel seines Buches lautet. Den Blick ganz ins Jenseits eröffnet uns nur Jesus Christus selbst. Er lenkt den Blick auf Gott und nicht auf den Mann, der in den Himmel kommt. Jesus sagt: „Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden. Ihr irrt sehr.“ [Mk 12,27]. Versuchen wir also weiter rechtschaffen zu sein und hoffen wir auf ein Festessen mit vielen statt auf ein Butterbrot zu zweien.

Buchinformation: David Eagleman, Fast im Jenseits – Oder warum Gott Frankenstein liest, Campus Verlag, Frankfurt am Main 2009

Audiobeitrag Fast im Jenseits


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