Weihnachtsgesellschaft
Ich hatte mich schon gewundert, dass Carsten den Dienst an Heilig Abend übernehmen wollte. Ein Tag, für den sich kaum freiwillige Helfer finden lassen, weil alle mit
ihren Familien und Freunden Weihnachten feiern wollten. Und Carsten sah nicht so aus, als ob er keine Freunde hätte. Im Gegenteil. Eigentlich war er so nicht der Typ, den man sonst in Sozialprojekten trifft.
Aber seit November kam er jeden Mittwochabend zum Obdachlosennachtcafé unserer Gemeinde, half beim Essen machen und beim Aufbauen der Schlaflager.
Sag mal, willst du nicht Weihnachten feiern? fragte ich ihn später beim Bettenbeziehen. Und dann erzählte er: Bis vor einem Jahr hatte er so riesen Techno-Events organisiert. Und da gehörte es einfach dazu, Ecstasy zu nehmen. Fand er okay. War ja nur am Wochenende. Aber dann merkte er, dass er nur noch aufs Wochenende hin lebte, dass er abhängig war.
Er hatte nur noch Freunde innerhalb der Szene. Und irgendwann fühlte er sich nur leer. Da hat er eine Therapie gemacht. Die härteste Erkenntnis: Wenn er von Ecstasy runter kommen will, muss er sich von seinem bisherigen Freundeskreis fern halten.
Weißt du, wenn wir Weihnachten zusammen sitzen würden, würden wir früher oder später was einwerfen. Und das will ich nicht mehr. Deshalb will ich Heilig Abend hier herkommen, nicht weil ich so sozial bin, sondern damit ich nicht rückfällig werde.
Sprecherin: Christiane Schulte-Birgden, Köln
Weihnachtsgesellschaft
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