Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

25.11.05, 6.56 Uhr, Max Koranyi

Lebens-Übergänge: Beziehungswandel

Traut man einschlägigen Umfragen, dann steht - übrigens nicht nur bei jungen Leuten - eine gelungene Partnerschaft auf Position 1 der wichtigsten Wünsche.

Offensichtlich bleibt ein Leben als Single in mancherlei Hinsicht begrenzt.  Fragt man genauer nach, was denn die besondere Ausstrahlung einer Zweisamkeit ausmacht, dann wird auf liebevolle Akzeptanz und Geborgenheit verwiesen. „Es ist jemand da, auf den Verlass ist“. „Eine, die mich und meine Sorgen wahrnimmt“. „Ein Partner, mit dem das Leben vielschichtiger erfahren wird.“, heißt es dann.

Die Sehnsucht nach solcherart Verbundenheit ist das eine. Die Wirklichkeit etwas anderes. In den Großstädten wachsen die Singlehaushalte. Die geforderte berufliche Flexibilität lässt oft die langsame Entwicklung einer Partnerschaft gar nicht zu. Aber noch schwerwiegender: Jede dritte Ehe wird inzwischen in Deutschland geschieden. Manche schon nach relativ kurzer gemeinsamer Zeit. Aber immer mehr auch nach vielen gemeinsam gelebten Ehejahren.

Es ist also nicht ganz einfach, sich den Traum einer Zweisamkeit zu erfüllen. Zu unterschiedlich scheinen nach einiger Zeit die Vorlieben, Verhaltensweisen und Wünsche zu sein. Und zu ungeduldig ist man inzwischen auch, die Schwierigkeiten und Probleme gemeinsam anzugehen. Sicherlich, es gibt Ehekonstellationen - und ich habe sie selber auch in meinem Bekanntenkreis erfahren -  die sind so verfahren und verstrickt, dass um der beiden Menschen willen eine Trennung lebensnotwendig sein kann. Selbst die Bibel kennt Situationen, in denen um eines dauerhaften Friedens willen, sich zwei völlig zerstrittene Parteien voneinander lösen sollten.

Was aber können wir tun, wenn die Krise kommt? Es ist nun einmal eine Tatsache: Jeder Mensch ist im Grunde ein kleiner Kosmos, ein kleines Universum in sich selbst. Will er sich einem anderen Fixstern, einem anderen Planeten anschließen, dann bedeutet das zunächst: es treffen völlig unterschiedliche Lebensformen und Gewohnheiten aufeinander. Jedes Geschöpf ist eben von Gott zunächst einmal völlig anders geschaffen. Es ist ein ausgesprochen seltener Fall, dass zwei Menschen in den meisten Lebensbereichen übereinstimmen. Vielleicht ist eine Ehe nur dann auf Dauer angelegt, wenn beide von vornherein diese Fremdheit sehen und akzeptieren.

Aber etwas anderes kommt noch dazu. Ich habe selber nach über 25 Ehejahren die Erfahrung gemacht, dass sich Gewohnheiten einschleichen, die den Partner als Selbstverständlichkeit hinnehmen. Ich glaube nicht, dass die meisten Ehen aus Streitigkeiten auseinandergehen. Wie gesagt: unterschiedliche Ansichten gehören zu einer Partnerschaft dazu.  Es ist eine Atmosphäre von Langeweile und Stumpfheit, die eine Partnerschaft unsichtbar auf Dauer aushöhlt. Wer nicht mehr miteinander redet und nichts mehr zusammen unternimmt, der verliert sich auch ohne Konflikt aus den Augen.

Manchmal hilft es, sich einmal ganz aus dem gemeinsamen Alltag zurückzuziehen.
Einer gefährdeten Ehe tut es gut, wenn sich die beiden Menschen gegenseitig eine Zeitlang Ruhe schenken. Aus der Distanz wächst oft eine neue Sympathie füreinander. Der Abstand von eingefahrenen Verhaltensweisen macht sensibel für den immer noch vorhandenen Reichtum der Beziehung. Eine bewusst gestaltete Zwischenzeit  öffnet für neu entdeckte Möglichkeiten. Eine Ehe bleibt nämlich ein unausschöpfliches Arbeitsfeld und will in jeder Phase neu bewältigt werden. Ein Loslassen auf Zeit kann tatsächlich die Trennung auf Dauer überflüssig machen.

Audiobeitrag Lebens-Übergänge: Beziehungswandel


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