Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

22.11.05, 7.50 Uhr, Max Koranyi

Lebens-Übergänge: Vom Umzug zur Eingewöhnung

Alles Mögliche hatte man ihm versprochen. Aufstiegschancen. Und gewarnt: Bei seiner alten Stelle wäre über kurz oder lang sein Arbeitsplatz sowieso nicht mehr zu halten.

Also hatte er seiner Versetzung zugestimmt. Aus dem Süden der Republik in die Mitte Nordrhein-Westfalens. Seiner Familie, den Kindern musste er die Nachricht scheibchenweise beibringen. So ist das eben heute, hatte er begonnen, man muss in diesen Zeiten flexibel sein. Viel war aufzugeben, viel mehr noch zu bedenken. Neue Schulen für die Kinder, eine adäquate Wohnung, eine halbwegs akzeptable Halbtagsstelle für die Ehefrau. Als die Umzugsleute vor der Tür standen, merkte er erst, wie sehr er an seinem Umfeld gehangen hatte. Am Dialekt. Der Bäckerei vor der Haustür. Den Freunden im Verein.

Alles Mögliche hatte man ihm versprochen. Aber die Wirklichkeit sah anders aus. Vielleicht war er auch zu naiv gewesen, das Angebot fast blindlings zu befolgen. Die neue Stelle war weit unter seiner Qualifikation. Der Menschenschlag in der Nachbarschaft war ihm für Wochen zunächst völlig fremd. Die Kinder maulten: Die Freunde würden fehlen. Seine Frau war immer noch auf der Suche nach einer akzeptablen Halbtagsstelle. Der ganze Umzug hatte sein Leben ins Trudeln gebracht.

Berufs- und Ortswechsel, liebe Hörer und Hörerinnen, sind nicht zu unterschätzen. - Menschen sind keine Verschiebemasse, die man ungehindert von einer Position in die nächste abkommandieren kann. Ein Mensch lebt neben der Tätigkeit in seinem Beruf von Beziehungen. Ehrenämter und Freundschaften, Hobbys und Einkaufsgewohnheiten: Sie und vieles andere mehr prägen entscheidend seinen Alltag.

Da bedarf es schon einer gehörigen Portion Mut, sich auf eine Reise in bisher unbekannte Gefilde aufzumachen. Abraham, dem Urvater unseres Glaubens, wurde nicht weniger zugemutet. Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will, wurde von ihm verlangt.. Er bekam keine Lebensgarantien mit auf den Weg. Er wusste auch nicht, wie sein Zielort aussehen würde. Ob die Familie überleben und sein Besitz dort gesichert sein würde.

Aber eines war diesem Wanderer deutlich: Er unternahm seinen Weg nicht aus eigener Kraft. Er wusste sich begleitet von einem, der ihm bisher immer wieder die Treue gehalten hatte. Es war wohl der Auftrag seines Gottes gewesen, ein neues Stadium in seinem Leben zu beginnen, ein neues Kapitel seiner Lebensgeschichte aufzuschlagen. Deshalb konnte er sich trotz all seiner Ängste auf das Wagnis, sein persönliches Umzugsunternehmen einlassen. Er hatte nämlich eine Zusage vom Himmel bekommen, dass ein besonderer Segen auf seinem Weg liegen würde. Darauf hatte er sich verlassen. Und kam am Ende tatsächlich in einem Land an, das ihm auf Dauer Schutz und Segen gewährte.    

Ob nicht auch einem Umzugsmenschen unserer Zeit solch ein Segen geschenkt werden kann? Wohl wahr, ich weiß aus eigener Erfahrung: es kann auch falsche Entscheidungen und beklemmende Umzüge geben. Die können aber auch wieder rückgängig gemacht werden. Dennoch besteht bis in unsere Tage hinein die Möglichkeit, sich in Zeiten der Umstellung und des neuen Weges des Segens und der Begleitung Gottes zu vergewissern. Segen meint nicht ein Überspringen aller Lebensschwierigkeiten. Aber er bedeutet ein Durchhaltekönnen, ein Lebenswagnis mitten in allen Umstellungen und der neuen Umgebung. Zeit und Geduld können da viel bewirken. Kontakte wachsen eben nicht über Nacht. Jede Arbeitsstelle muss erst erobert werden. Schulen und Freundschaften sind gewöhnungsbedürftig.

Auf Dauer aber wird ein Umzug umso mehr gelingen, je mehr sich die wandernden Menschen am Segen, der Begleitung durch Gott festhalten können. Ich will dich segnen - und du sollst ein Segen ein. Das waren die Worte, die Abraham auf seinen Weg mitbekam. Ist doch durchaus denkbar, dass auch Menschen unserer Zeit letztlich zum Segen für ihre neue Umgebung werden. Und damit am Ende dann auch für sich selbst.

Audiobeitrag Lebens-Übergänge: Vom Umzug zur Eingewöhnung


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