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Hunger auf Gott
Sylvia weiß schon, worauf sie sich heute freut. Sie wird nach der Arbeit nicht gleich nach Hause fahren. Sie braucht neue Schuhe das hat sie gestern gemerkt, als sie
den neuen Hosenanzug anprobierte. Die alten Stiefel sahen dazu unmöglich aus. Also hat sie heute einen guten Grund, auf dem Heimweg einen Umweg über ihren Lieblingsladen zu machen. Sich was Gutes zu tun nach dem ganzen Bürostress.
Sylvias Kollege Peter geht nicht so gern einkaufen. Dafür stürzt er sich nach der Arbeit um so lieber ins Internet mal sehn, ob er sich nicht ein Schnäppchen ersteigern kann Kamera, Handy, DVD-Player, was man so braucht.
Peters Schwester Sabine dagegen muss sehr sparsam sein. Sie ist arbeitslos. Das liegt ihr schwer auf der Seele. Um sich zu trösten, verbringt sie viele Vormittage in Second-Hand-Läden. So kommt sie alle Naslang zu einer neuen Bluse oder einem neuen Schal ein kleiner Lichtblick in ihrem tristen Alltag.
Ich kann sie alle drei gut verstehen, die Sylvia, den Peter und die Sabine. Ich mache es auch nicht anders. Manchmal überfällt mich das Gefühl, dass ich ganz dringend was Neues zum Anziehen brauche. Manchmal ist es aber auch ein nagendes Gefühl von Unzufriedenheit, was mich ins Kaufhaus treibt ich muss mir was gönnen.
Es gibt Leute, die können widerstehen. Aber wir andern sind irgendwie so programmiert: Wenn wir Mangel empfinden, müssen wir uns was kaufen. Wenn etwas Neues in der Tüte steckt, ist dieses seelische Hungergefühl erstmal für einen Moment behoben. Aber nicht für lange das hat uns die Erfahrung längst gelehrt. Auch wenn ich mir heute schwöre, dass ich nun mindestens 6 Monate lang keine neue Jeans brauche, kann mich doch morgen schon unwiderstehlich die Erkenntnis packen, dass ich zu dieser ganz bestimmten Jacke doch noch was Passenderes anschaffen muss.
Ist es wirklich die Jacke, die den Einkauf so zwingend macht? Nein, es ist das ziehende Gefühl in der Magengegend der Hunger nach Irgendetwas, was fehlt. Ein Hunger, der in unsrer Zeit ständig auf neue Sachen gelenkt wird. Wir sollen ja konsumieren, damit die Wirtschaft funktioniert.
Dabei wissen wir ganz gut, man muss es uns nicht predigen, dass es uns an Sachen überhaupt nicht mangelt. Das nagende Gefühl, der Hunger der hat andere Gründe.
Woran es Sylvia und Sabine, Peter und auch mir mangelt das sind Güter, die man gar nicht kaufen kann. Sylvia würde es vielleicht Liebe nennen, was ihr wirklich fehlt und Sabine Anerkennung. Peter würde sagen, dass es seinem Leben an Sinn fehlt und ich, ich würde sagen, dass es eigentlich Ruhe ist, wonach ich mich sehne. Oder etwas, was ich gar nicht benennen kann. Denn eigentlich weiß ich es gar nicht so genau, woher das Gefühl von Mangel und Unzufriedenheit immer wieder kommt.
Aber alle kämen wir wohl nicht auf die Idee zu sagen, dass es im Grunde Gott sein könnte, der uns fehlt. Dass wir Hunger nach Gott haben könnten, ist in unserer Lebensweise nicht vorgesehen. Es fällt uns nicht ein. Dabei wäre doch bei ihm all das zu finden, was uns fehlt und was wir nicht kaufen können: Liebe und Anerkennung, Ruhe und Sinn. Wer zu mir kommt, sagt Jesus in der Bibel, den wird nicht hungern. Ich bin das Brot des Lebens.
So leicht stelle ich mir das nicht vor. Nicht, dass Jesus einfach ein Sattmacher ist, der alles Mangelgefühl ratzbatz wegzaubert. Was ich mir schon vorstellen kann: Mich manchmal zu fragen, was mir wirklich fehlt. Es manchmal für möglich zu halten, dass es wirklich Gott ist, der meines Lebens Mangel ausfüllen will und kann. Nicht immer nur Hunger nach neuen Sachen zu haben, sondern viel öfter mal Hunger nach Gott.
Hunger auf Gott
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