Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

27.09.05, 8.56 Uhr, Birgit Winterhoff

Mutmacher statt Miesmacher

Kaum zu glauben, aber wir haben schon Herbst. Und Herbstzeit ist für mich Kerzenzeit. Ich mag Kerzen in den unterschiedlichen Varianten - als Windlicht oder Teelicht oder

als wuchtige Altarkerze. Andere Lichter sind heller. Etwa die vielen Glühbirnen in unseren Häusern und Wohnungen. Ein Druck auf den Knopf, ein Dreh am Schalter und es wird hell im Haus. Oder die Flutlichtanlagen in den Fußballstadien. Sie machen ein großes Gelände taghell. Wir haben uns längst daran gewöhnt, auch in der dunklen Jahreszeit im Hellen zu leben.

Verglichen mit all diesen großen Lampen oder Flutlichtanlagen ist eine Kerze unbedeutend und klein. Sie macht nicht viel her. Und wie leicht verlischt sie.

“... den glimmenden Docht wird Gott nicht auslöschen”, heißt es in der Bibel. Ein Bild der Hoffnung. Gott löscht den glimmenden Docht nicht aus. Er liebt auch die kleinen Lichter. Auch die, für die es gerade eben nur noch zum Glimmern reicht. Ohne Bild gesagt: Er gibt keinen Menschen auf. Mit großer Geduld facht er unser Lebenslicht immer wieder an. Das hat Konsequenzen. Wir können hoffnungsvoll mit uns selbst umgeben! Wir brauchen uns nicht für unwichtig und unnötig halten, denn jeder und jede ist geliebtes Geschöpf Gottes, das seine Leuchtkraft vor ihm nie verliert. Grund zum Staunen - Grund zum Danken - Grund zur Hoffnung.

Können Sie sich als kostbaren Sohn, als kostbare Tochter Gottes sehen? Ein guter Test sind unsere Selbstgespräche. Was sagen Sie da?  

Vielleicht: Warum muss mir immer so etwas passieren? Oder: Allen geht es gut - nur mir geht es schlecht! Welchen Inhalt haben Ihre Selbstgespräche? Einen negativen? Einen positiven?                  
Es ist schön, wenn in den Selbstgesprächen auch der Dank Gott gegenüber ausgedrückt wird. Dann kann ein Selbstgespräch zum Gebet werden, z.B. Danke, Gott, dass die Arbeit gelungen ist. Danke für das gute Gespräch.

Und wenn Sie in den Spiegel schauen, dann schaut Sie ein geliebtes Geschöpf Gottes an. Und ein begabtes dazu. Wenn das nicht Grund ist, liebevoll und geduldig mit sich selbst umzugehen!

“...den glimmenden Docht wird Gott nicht auslöschen.” Das Wort weist noch in eine andere Richtung. Wenn Gott keinen Menschen aufgibt, dürfen auch wir keinen aufgeben. Wer einen Menschen aufgibt, tut Gott weh. So wie Gott mir mit Geduld und Liebe begegnet, so macht er es mit andern Menschen auch. Wie Gott mir Raum und Zeit zur Umkehr gibt, so soll ich andern auch Zeit geben. Wenn wir doch endlich aufhören würden, über andere Menschen Jüngstes Gericht zu halten!

Mutmacher sind nötig - keine Miesmacher! Menschen also, die eine große Hoffnung für andere haben. Oft meinen wir genau zu wissen, wie der andere reagieren muss, wie er sich entwickeln wird, was er denkt und tut. Dabei erliegen wir immer wieder Täuschungen.

Das Gebet für einen Menschen ist ein erster wichtiger Schritt aus diesen Täuschungen heraus. Das Gespräch miteinander und nicht übereinander eine weiterer. Unsere Hoffnung für andere erweist sich in der Art, wie wir Menschen begegnen. Denn: “...den glimmenden Docht wird Gott nicht auslöschen.”

 

Audiobeitrag Mutmacher statt Miesmacher


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