Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

13.09.05, 8.56 Uhr, Präses Alfred Buß

Gelb

Ein Sonnenstrahl kitzelt meine Nase und weckt mich wohltuend langsam. Goldenes Gelb durchströmt mein Zimmer. Nun noch die Zeit und die Ruhe haben, mir den Tag und

sein Licht auch schenken zu lassen... Solch ein Morgen ist wunderbar.

Dieses Gefühl hat Paul Gerhardt in einem Morgenlied in Töne verwandelt: Die güldne Sonne voll Freud und Wonne bringt unsern Grenzen mit ihrem Glänzen ein herzerquickendes, liebliches Licht. (eg 449)

Gelb ist für mich die Farbe der Sonne und der Wärme.

Jetzt - im September – wird das Gelb des Sonnenlichts blasser und fahler. Aber es findet seinen Widerschein in Sonnenblumen und gelben Stoppelfeldern. In leuchtenden Früchten an Sträuchern wie Bäumen und ersten sich färbenden Blättern des Herbstes.

Gelb ist die Farbe üppiger Reife – unübersehbar.

Gelb ist für mich auch die Farbe des Segens.

Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig...
Vielleicht haben wir dieses alttestamentliche Segenswort aus dem Gottesdienst noch im Ohr. Es stellt uns in einen hell durchleuchteten Lebensraum. Wie die wärmende Sonne durchflutet Gottes Segen die ganze Schöpfung mit seiner Lebenskraft und Lebensfülle. Gottes Segen lässt die Sonne scheinen, Blumen blühen, Quellen sprudeln und Lebensgeister wieder erwachen.

Gott wendet sich uns freundlich zu und gibt uns all das, was uns zum Leben fehlt. Nicht was wir wollen, sondern was wir brauchen.

Im Segen schenkt Gott uns alles, was unser Leben fördert und wachsen lässt. Das Getreide, das zum täglichen Brot wird. Das Dach über dem Kopf. Die Kleidung, die uns wärmt. Und hoffentlich auch eine Arbeit und Aufgabe. Doch damit nicht genug. Er schickt uns Menschen, die uns am frühen Morgen ein Lächeln schenken. Die uns mit einem freundlichen Wort begegnen, uns gut tun. Und nicht zuletzt den wärmenden Sonnenstrahl, der uns zärtlich weckt.
Oft nehmen wir den Segen Gottes am deutlichsten wahr, wenn wir ihn am meisten brauchen.

Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig ...
Segen in all seiner Fülle verfolgt letztlich ein Ziel: … der Herr erhebe Sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden. So endet der alttestamentliche Segen und benennt das eigentliche Ziel: Schalom - Frieden.

Friede ist dabei mehr als die Abwesenheit von Kampf. Es meint die Unversehrtheit von Leib und Seele. Mit sich und der Welt im Einklang leben. Eine äußere und innere Zufriedenheit spüren. Denn Zu-frieden-heit schafft Frieden.
Friede ist nicht Abwesenheit von Kampf, aber Anwesenheit von Gott. Und wann sind wir Gott näher als im Segen?

Gottes Segen bleibt uns Menschen unverfügbar. Doch wenn wir Segen empfangen, können wir ihn auch weitergeben. Ja, wir können anderen selbst zum Segen werden. Wer seine Hand zum Segnen öffnet, wird seine Fäuste nicht zum Kampf ballen. Wir können und sollen der Erde und den Menschen schützend die Hand auflegen, und sagen: du gehörst trotz aller Widrigkeiten Gott.

Gottes Segen ist ein Leuchten, das sich weitergibt. Ein Strahlen, das sich fortpflanzt in unserer Zuwendung, unserem Handauflegen, unseren guten Worten.

Als ich einmal operiert werden musste, nahm mich der Pfleger von hinten in den Arm und sagte: Alter Kumpel, du machst jetzt mal gar nichts. Du denkst nicht, du bewegst dich nicht, du sorgst dich nicht. Da fühlte ich mich geborgen wie in einem Schutzmantel des Segens.

Ich wünsche uns allen, liebe Hörerinnen und Hörer,
einen solchen Tag, durchstrahlt von Gottes Segen.

 

 

 

 

Audiobeitrag Gelb


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