Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

30.08.05, 07-08 Uhr, Arnd Kulla

Zeitschleife

Angefangen hatte unser Zoff damit, dass meine Freundin mal wieder nicht fertig wurde. Um acht ging der Kinofilm los. Um halb fing sie gerade mal an zu fönen. Ich war sauer

und schimpfte rum, sie motzte zurück. Allmählich wurden wir lauter.

Bis ich irgendwann gebrüllt habe: „Dann verbring halt dein langweiliges Scheißleben mit deiner blöden Frisur! Aber ohne mich; ich hab dich so was von satt!“

Das hatte ich nicht so gemeint. Aber meine Freundin starrte mich sprachlos an. Wir waren uns einig gewesen, in einem Streit nie so weit zu gehen, unsere Beziehung für beendet zu erklären. Nie den anderen zum Mond zu schicken. Weil solche Sätze die Grundmauern einer Partnerschaft erschüttern können, auch wenn sie nur so dahingesagt sind. Solche verbalen Tiefschläge schafft man nicht so einfach wieder aus der Welt.

Ich biss mir auf die Lippen. Jetzt war eine Entschuldigung dran. Aber wie? Am liebsten hätte ich die Zeit zurückgedreht.
In diesem Moment fiel mir der Notfallplan ein. Unser Codewort für solche Fälle. Viel mehr als eine Bitte um Entschuldigung.

Ich fragte: „Zeitschleife?“ Damit meinte ich: „Bitte lass uns die letzte Minute löschen, als wär sie nie passiert. Was ich da gesagt hab’, war total überflüssig und absoluter Mist.“ Ich sah meine Freundin an.
Die fixierte mich --- und dann nickte sie endlich: „Zeitschleife!“
Sie sah mich durch den Spiegel an, bürstete sich noch mal und fragte dann erleichtert: „Und jetzt – Videoabend?“

Sprecher: Michael Birgden

Audiobeitrag Zeitschleife


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