Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

20.08.05, 8.56 Uhr, Albrecht Philipps

Kinderfragen

Kinder können einem wirklich Löchern in den Bauch fragen. Wer kennt das nicht. Statistiker haben herausgefunden: Mehr als 250 Fragen stellt ein fünfjähriges Kind täglich.

250 Fragen Tag für Tag. Ein ungeheurer Wissensdurst, der sich in diesen Fragen Bahn bricht.

Einfache Fragen: Welcher Tag ist heute? Wann sind wir endlich da?- bei einer langen Autofahrt. Fragen nach den Zusammenhängen der Dinge: Woher kommt das Wasser aus den Wolken, wenn es regnet? Wieso kann der Vogel fliegen ohne herunterzufallen? Oder: Was passiert eigentlich, wenn man stirbt? Und so weiter, und so fort. "Fragen ist die Frömmigkeit des Denkens", so hat es der Philosoph Martin Heidegger einmal gesagt.

Kinder lernen durch das Fragen. Was uns Erwachsenen längst geläufig ist, das müssen sich Kinder erst erschließen. Ein Kind, das nicht fragt, wird seine Welt nicht begreifen und sich in ihr nicht zurechtfinden.
Viele Fragen der Kinder können leicht beantwortet werden. Bei manchen Fragen kommen wir selbst ins Grübeln oder müssen schmunzeln. Machmal sind wir auch ratlos und wissen keine Antwort.

Als der Großvater gestorben war, da fragten sich die Eltern, ob es richtig ist, die Kinder mit zur Beerdigung zu nehmen. Werden die Kinder dadurch nicht überfordert? Können sie die Eindrücke auf dem Friedhof verarbeiten, oder ist das nichts für Kinder?

Doch: auch Kinder müssen einen Ort für ihre Trauer haben. Sie müssen sich auch verabschieden können, so wie Erwachsene. Viele Fragen stellen Kinder, wenn sie mit dem Tod in der eigenen Familie konfrontiert werden. Warum ist der Großvater gestorben? Wo ist er jetzt, wenn er gestorben ist?

Wir haben versucht, unseren Kindern auf diese Fragen eine Antwort geben. Der Mensch geht zu Gott, er ist jetzt im Himmel. Das ist ein Bild für das, was in der Bibel über das ewige Leben gesagt wird. Ein Ausdruck christlicher Hoffnung für das Leben nach dem Tod. Und dann kommen sie, die vielen, vielen Kinderfragen: Wie kann der Mensch bei Gott sein, wenn er doch auf dem Friedhof begraben wird? Wie holt denn Gott die Toten zu sich?

Antworten finden Kinder dann oft selbst. Zum Beispiel die: Gott hat einen großen Kran, mit dem holt er nachts die Toten zu sich. Oder: Er hat einen so langen Arm, dass er vom Himmel die Menschen heraufholen kann. Oder: Es gibt da eine lange Leiter, die von der Erde bis zum Himmel reicht, an der gehen die Toten dann rauf zu Gott.

Die Fragen der Kinder, wie sie bei der Erfahrung mit dem Tod auftauchen, müssen wir ernst nehmen. Solche Fragen sind kindlich, aber nicht kindisch. Wir Erwachsene sollten bei der Suche nach Antworten unsere eigenen Glaubenszweifel nicht auf unsere Kinder übertragen. Kinder brauchen konkrete Bilder der Hoffnung, wenn sie sich mit dem Tod auseinandersetzen müssen. Diese Hoffnungsbilder brauchen unserer erwachsenen Kritik der Vernunft vielleicht nicht immer standhalten zu können. Aber Kinder sind darauf angewiesen, dass ihre Fragen eine ernst gemeinte Antwort finden. Die Zweifel der Erwachsenen werden sich bei Ihnen später von selbst einstellen. Und nur dann - da bin ich mir ganz sicher - kann auch der kindliche Glaube mitwachsen zu einem Glauben, der auch in der Welt der Erwachsenen trägt.

Audiobeitrag Kinderfragen


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