Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

18.08.05, 7.50 Uhr, Albrecht Philipps

Reichtum

Ein junger Mensch kommt zu Jesus und fragt ihn: "Meister, was soll ich Gutes tun, damit ich das ewige Leben habe?" Da kommt einer und fragt einen anderen,

den er für kompetent hält: "Was, bitte, soll ich tun, um ewig leben zu können?"

Dieser junge Mann hielt sich selbst für perfekt und er hoffte, auch ewiges Glück verdient zu haben. Er war erfolgreich und lebte rechtschaffen. Er engagierte sich sozial und hatte sich selbst nichts vorzuwerfen. Das musste doch wohl reichen, oder? Das wird doch wohl auch der einsehen, dem er diese Frage stellt: "Was muss ich tun, um das ewige Leben zu haben?"

Jesus aber antwortet ihm auf diese direkte Frage mit einer ebenso direkten Antwort: "Du kennst die Gebote. Halte sie!" "Das hab ich alles getan, schon immer", antwortet der junge Mann. "Willst du vollkommen sein, dann folge mir nach," sagt Jesus, "zuvor aber verkaufe alles, was du hast, und gib den Erlös den Armen. Dann wirst du einen Schatz im Himmel haben."

Als der junge Mann das hörte, ging er traurig weg, denn er war sehr reich.

Reichtum scheint ein Handicap zu sein, wenn es um das Himmelreich geht. Jesus sagt den Jüngern, die dieses Gespräch gehört haben, den sprichwörtlich gewordenen Satz: "Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt."

Für den reichen Teil der Welt, zu der wir alle mehr oder weniger gehören, ist dieses Gespräch Jesu mit dem reichen Jüngling eine Zumutung. Denn wir erkennen uns selbst wieder in diesem jungen Mann. Vermögen, Besitz, Reichtum und Ansehen entfalten ihre eigene Macht und legen uns Zwänge auf, denen wir uns nur schwer entziehen können. Die Moral von der Geschichte des reichen Jünglings ist einfach: der Reichtum ist an allem schuld. Muss der Mensch also erst arm werden, seinen gesamten Besitz verschenken oder verkaufen, wenn er im Himmel ein reicher Mensch werden will?

Der Sinn dieses Gesprächs ist ein anderer. Bei allem Willen zum Guten, die dieser Mann hat, ist er im seinem Inneren nicht frei von seinem Besitz. Er hat sein Herz daran gehängt und kommt nicht mehr davon los.

Sprecher:
"Woran du dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist dein Gott,"

Autor:
so hat es Martin Luther gesagt. Und er fährt fort:

Sprecher:
"Es ist mancher, der meint, er habe Gott und alles genug, wenn er Geld und Gut hat. Siehe, dieser Mensch hat auch einen Gott, der heißt Mammon, das ist Geld und Gut, welches auch der allergemeineste Abgott ist auf Erden."

Autor:
Es kommt also auf den Umgang mit dem Reichtum an. Definiere ich mich über das, was ich besitze, oder ist mein Besitz wie ein Werkzeug, das ich auch zum Wohl anderer Menschen einsetze? Hänge ich mein Herz daran, oder ist mein Herz von etwas anderem bestimmt? Der Hauptakzent der biblischen Kritik liegt nicht auf dem Reichtum an sich, sondern auf dem unverantwortlichen Umgang mit ihm. Diesen unverantwortlichen Umgang mit dem Reichtum gibt es nicht nur gegenüber anderen Menschen, sondern auch gegenüber mir selbst. Denn wer sich zu sehr auf seinen Besitz und seinen Reichtum verlässt und sich selbst nicht mehr ohne seinen Besitz vorstellen kann, der verfehlt sein Leben und wird innerlich unfrei. Deshalb sagt ein Sprichwort: Reich ist man nicht durch das, was man besitzt, sondern noch mehr durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß.

Vor Gott sind wir gerade keine habenden Menschen, die sich selbst besitzen können. Vor Gott hilft nur eins: Lass los, lass dich auch selber los und folge ihm nach.

Audiobeitrag Reichtum


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