Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

28.10.13; Sebastian Richter

Komasaufen

Haben wir ein Komasauf-Problem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen? Das stand neulich mal wieder in der Zeitung.

Meine Freundin Monja sieht das entspannt. Sie kommt vom Land, ist im Schützenverein und fährt am Wochenende nach Köln in die Disco. Nicht unbedingt, um nüchtern zu bleiben.

Sie sagt: Viel gesoffen haben Menschen schon immer. Wein, Schnaps Bier – das sind alles keine neuen Erfindungen. Man findet sie zum Teil schon in der Bibel.

Häufig heißt es, Jugendliche zerbrechen an der „Leistungsgesellschaft“: Schule, Unikram, Eltern – alle machen Druck, dass ja etwas wird aus dem jungen Leben.

Doch das ist Monja zu platt. Statistiken zeigen, dass tatsächlich mehr Jugendliche wegen Alkohol ins Krankenhaus kommen. Sie zeigen aber auch, dass der Anteil der Betroffenen in dem Alter gerade mal unter 0,5 Prozent liegt. Monja meint, dass die Wahrnehmung sich in Zeiten von Public-Viewing und Reality-Soaps geändert hat: Statt im heimischen Gartenhaus wird eben auf der Straße getrunken und gefeiert. Bei Facebook kursieren heute Saufbilder wie früher Poesiealben in der Grundschule.

Ich frage Monja, ob sie den Alkoholkonsum schönreden will.

Nein – sagt sie entschieden. Sie meint, dass sie viele Jugendliche kennt, die ihr Limit klar haben. Die trinken gern etwas, aber maßvoll. Und es mag sein, dass alles etwas öffentlicher ist – aber deswegen hat Deutschland noch lange kein Komasauf-Problem.

Nach unserem Gespräch beginne ich einen Leserbrief zu schreiben. Denn ich finde, Monja hat recht.

Sprecher: Daniel Schneider

 

Audiobeitrag Komasaufen


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