Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

10.07.13; Florian Schmitz-Kahmen

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst

Sie ist Ausländerin. Ihre Tochter ist schwer krank und sie bittet um Hilfe. Aber statt zu helfen, versucht er nur, sie abzuwimmeln.

Kein Scherz: Jesus von Nazareth weist sie ab. Mit eiskalten Worten. Von wegen „Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst“. Auch Jesus kommt an Grenzen. Und nur weil die Frau hartnäckig bleibt und ihn am Ende überzeugt, hilft er doch noch und heilt das Mädchen. Immer nur Nächstenliebe? In einem anderen Fall ist Jesus so unglaublich wütend über die Geldgier und Selbstbezogenheit der Händler am Tempel, dass er sogar anfängt zu randalieren.

Wenn schon Jesus gelegentlich an Grenzen kam, frage ich mich: Warum tun wir uns eigentlich so schwer mit der Nächstenliebe? An der Liebe kann es nicht liegen. Liebe ist etwas Schönes. Aber in diesem Wort Nächstenliebe steckt noch etwas anderes – nämlich Nähe!  Wer ständig in der Nähe anderer ist, dem wird das irgendwann zu viel. Mit anderen zusammen leben, für andere da sein, das kostet Kraft.

Manchmal ist es einfach zu viel des Guten. Dann nämlich, wenn ich die Nähe zu mir selbst verloren habe. Da braucht es dann Auszeiten. Rückzug. Zeit für mich selbst. Wie auch immer ich diese Zeit gestalte: Joggen, Musik hören, faulenzen, oder einfach nur Stille genießen. Hauptsache, ich spüre mich selbst wieder. Liebe deinen Nächsten. Liebe ihn in gleichem Maße, wie du dich selbst liebst.

Das sind zwei Seiten einer Medaille. Also: Sich mal zurückziehen und dann wieder für andere da sein. So kann es gehen mit der Nähe.

Sprecher: Daniel Schneider

 

Audiobeitrag Liebe deinen Nächsten wie dich selbst


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