Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

30.04.13; Bernd Tiggemann

Twittern nach dem Tod

Mein Handy vibriert. Ich wische mit dem Finger über das Display, lese die neueste Twitter-Nachricht und erschrecke mich fast zu Tode.

Denn der Mensch, der mir schreibt, ist vor sechs Monaten gestorben. OK, kleiner Scherz.

Aber was hier nach einer Mystery-Serie klingt, könnte schon bald Realität werden. "Lives on" - lebt weiter - heißt der Internetdienst, der meinen Twitter-Account klonen kann.
Wie ein digitaler Zwilling lernt „Lives on“, wie ich Twitter nutze, welche Wörter ich gerne verwende und wie ich Sätze baue. Vielleicht sogar, wie ich denke und was ich so meine. Und wenn ich gestorben bin, wird der Klon zum Leben erweckt und imitiert mich. Mein digitales Leben nach dem Tod, sozusagen.

Ehrlich gesagt finde ich das gespenstisch. Dass eine Maschine in meinem Namen Nachrichten absetzt, das geht gar nicht. Ich lasse ja auch keinen anderen Menschen für mich twittern. Selbst wenn die Technik noch so gut ist: sie schafft es nie, mich perfekt nachzuahmen. Mit meiner ganzen Persönlichkeit. Mit allem, was mich ausmacht.

Und was ist das überhaupt für eine Idee? Als könnte mich jemand ersetzen! Das geht schon zu Lebzeiten nicht. Klar, im Büro kann mich jemand vertreten, beim Volleyball kann jemand für mich einspringen. Aber mich ersetzen, genau so, wie ich bin? Das kann niemand. Leb weiter? Nein, ich lebe jetzt. Und das ist einmalig.

Sprecherin: Alexa Christ

 

Audiobeitrag Twittern nach dem Tod


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