Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

19.10.12; Pfarrer Michael Nitzke

Im Zeichen des Kreuzes

Konstantin konnte sich nicht richtig darüber freuen. Er war jetzt römischer Kaiser!

Das hieß vor kurzem noch: Herrscher der ganzen Welt. Bis es vor ein paar Jahren auf einmal vier Kaiser in Rom gab. „Das Reich ist so leichter zu verteidigen“, meinte der letzte Alleinherrscher Diokletian. Konstantin träumte aber von der Macht eines Julius Cäsar. Da gab’s nur eins: Schritt für Schritt seine Kaiser-Kollegen zu entmachten. Als erstes wollte er Maxentius beseitigen. Doch Maxentius positionierte sich mit 100.000 Mann an einer Brücke in der Nähe von Rom und wartete auf Konstantin, der aber nur 40.000 Soldaten zusammen bringen konnte.

Der Legende nach blickte Konstantin auf dem Weg nach Rom zum Himmel. Dort sah er die Sonne. Doch Konstantin sah nicht nur die Sonne, sondern über ihr ein Kreuz aus Licht. In seinem inneren Auge sah er darunter die Worte: „In diesem Zeichen sollst du siegen.“ Später erfuhr er, dass das Kreuz das Zeichen der Christen war. Was er gesehen hatte, beindruckte ihn so sehr, dass er das Kreuz nun als Siegeszeichen benutzen wollte. Und tatsächlich: Am 28. Oktober im Jahre 312 gewann er die Schlacht an der milvischen Brücke bei Rom. Das war 1700 Jahren. Ein Wendepunkt in der Geschichte des Christentums.

Historiker meinen heute, dass sein Gegenspieler Maxentius schwere taktische Fehler beging, und deshalb trotz Übermacht nicht siegen konnte.
Sicher ist aber, dass nach dieser Zeit der Siegeszug des Christentums im römischen Reich begann. Konstantin glaubte fest daran, dass ihm seine Vision geholfen habe. Deshalb machte er den christlichen Glauben zur Staatsreligion.

Christen wurden nicht mehr verfolgt, der christliche Glaube konnte sich frei entfalten. Das Christentum, als Religion der Verfolgten und Unterdrückten wurde nun selbst zu einer Macht im Staate. Das hatte die Welt vorher nicht gesehen, und das hat sie nachhaltig beeinflusst.

Doch wenn ich heute die Geschichte dieser 1700 Jahre im Blick habe, frage ich mich, ob die-se Nähe zu den Mächtigen dem christlichen Glauben immer gut getan hat. Zu oft hat sich die Kirche zum Werkzeug der Großen machen lassen. Zu oft hat die Kirche selbst Gewalt aus-geübt. Menschen sind dabei zu Schaden gekommen. Deutsche Soldaten kämpften in zu vielen Kriegen unter der Parole „Gott mit uns!“. Doch es musste erst zur Katastrophe des ersten Weltkriegs kommen, bis die Trennung von Kirche und Staat in unserem Land möglich wurde. Viele meinen, sie gehe noch nicht weit genug.

Was wäre aus dem christlichen Glauben geworden, wenn Konstatin nicht das Kreuz über der Sonne gesehen hätte? Diese Frage ist so nicht mehr zu beantworten. Aber heute gilt es zu betonen, dass das Kreuz kein Zeichen ist, um Kriege zu gewinnen. Sondern das Kreuz steht dafür, dass Jesus Christus den Tod überwunden hat, dass er den Schwachen beistand, und die Verlorenen gesucht hat.

„In diesem Zeichen sollst du siegen.“, erfuhr Konstantin damals. Heute sollen wir in diesem Zeichen Ungerechtigkeit besiegen, und uns an die Seite der Menschen stellen, die um ihre Grundrechte kämpfen. Wir sollen die Menschen lieben wie Jesus Christus sie geliebt hat. Heute sollte es heißen: „In diesem Zeichen sollst du lieben.“

 

Audiobeitrag Im Zeichen des Kreuzes


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