Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

03.07.10, Pfarrer Michael Nitzke

Sophie Scholl

Jeden Tag sehe ich das nachdenkliche Gesicht einer jungen Frau. Sie blickt mir vom Titel des Buches entgegen, das ihr Leben beschreibt. Die Frau heißt Sophie Scholl.

 Sie hat ihr junges Leben verloren, als sie Flugblätter gegen die Herrschaft Adolf Hitlers verteilte.   

O-Ton: „Nachdem ich die wenigen Bücher, die es über Sophie Scholl gibt, … gesehen hab, war ich der Meinung, da muss einfach mehr drin sein.“

Autor: Die Publizistin Barbara Beuys entdeckt neue Materialien, die die Schwester von Sophie Scholl ge-sammelt hatte. Seit 2005 sind sie der Öffentlichkeit zugänglich und die Auswertung dieser Dokumente gibt einen tiefen Einblick in das Leben der Frau, die für die Wahrheit ihr Leben ließ.  Der Weg bis in den Widerstand war weit. In der Familie wurden zwar auch regimekritische Stimmen gelesen, man ließ sich aber auch von der NS-Propaganda beeindrucken.

O-Ton: „Gleichzeitig wissen wir aus dem Tagebuch von Inge Scholl, dass Inge Scholl im Juni 1933 begeistert in Ulm auf dem Münsterplatz gestanden hat und da sind auch diese Schriften und Fahnen ins Feuer geflogen.“

Autor: Was für heutige Menschen widersprüchlich erscheint, ging damals zusammen. Privatleben und Öffentlichkeit waren zwei verschiedene Welten. Doch als die staatliche Gewalt immer mehr in das persönliche Leben eingriff, schuf Sophie Scholl mit ihren Freunden eine eigene Welt. Durch einen Freund kamen sie mit Zeugnissen des christlichen Glaubens in Berührung, die sie anderen mitteilen wollten. Eine erste Publikation entstand, sie trug den Namen „ Windlicht“.

O-Ton: „Das waren handgeschriebene Blätter, die Idee hatte der Otl Aicher.  … Hans war schon  auch an der Front als Medizinstudent. Und der jüngste Bruder von Sophie Scholl, Werner Scholl, musste auch in die Kaserne, und dieses kleine ‚Windlicht‘ sollte sozusagen die Gruppe zusammenhalten."

Autor: Im Windlicht beschrieben die jungen Menschen Themen des christlichen Glaubens. Sie waren auf Eigeninitiative angewiesen, denn von der offiziellen Kirche, gab es kaum Unterstützung.

O-Ton: „Sie hat erlebt, …, dass … die Pfarrer am Ulmer Münster … in Adolf Hitler den Führer sahen, der es möglich machte, dass das Deutsche Reich wieder zu Gott geführt wird. …Und insofern hatte sie, in der protestantischen Kirche niemanden gefunden, der sie zum Widerstand angeregt hätte, ganz im Gegenteil.“

Autor: Hans Scholl durfte mittlerweile vom Fronteinsatz als Medizinstudent wieder zurück an die Universität. Seine Schwester Sophie erfuhr, wie viele Menschen aus dem christlichen Glauben heraus Wege suchten, gegen das Unrecht vorzugehen. Mit Flugblättern rütteln sie Menschen auf. Doch die Machthaber waren stärker und  verurteilten Sophie und Hans Scholl und ihre Freunde zum Tod. Am 22. Februar 1943 wurden sie in München hingerichtet. Heute sind Straßen und Schulen nach ihnen benannt. Doch für viele ist eine Frau wie Sophie Scholl ein unerreichbares Idol geblieben.

O-Ton: „Aus dem Denkmal ist ein Mensch geworden, … das heißt, wir sehen jetzt Sophie Scholl  … in ihren inneren Widersprüchen, die sie immer reflektiert hat in ihren Briefen, das ist ja das Interessante, sonst hätte ich gar nicht drüber schreiben können, … die mit geschwommen ist … in einer politischen Welle, die sie hinterher verurteilt hat,  … wo sie aber eben die Kraft gefunden hat, … sich dagegen zu stellen, und vor allem das Erkannte dann auch in die Tat umzusetzen. 

Autor: Diese Kraft gewann Sophie Scholl durch Menschen, die ihr ein glaubwürdiges Zeugnis gaben, indem Sie versuchten nach der Bibel zu leben, statt nach den Worten eines politischen Verführers. Eine nachdenkliche Frau, die gerade deshalb ein Vorbild ist, weil sie kein steinernes Denkmal ist, sondern Menschen auch heute noch zum Nachdenken bringt.

Buchinformation: Barbara Beuys, Sophie Scholl –Biographie, Carl Hanser Verlag, München 2010

Audiobeitrag Sophie Scholl


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