Der evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR

12.03.10, Pfarrer Michael Nitzke

Hirnforschung und Religion

„Der Glaube ist nicht jedermanns Ding“ (2. Thess 3,2). Das hört sich wie ein Spruch aus unserer Zeit an, steht aber schon in der Bibel.

Die einen glauben an Gott, andere nicht  Manche fragen sich deshalb, ob es so etwas wie eine „Antenne für den Glauben“ gibt, die man entweder hat oder nicht?
Um das herauszufinden, suchen Wissenschaftler im menschlichen Gehirn nach Teilen, die für den Glauben verantwortlich sein könnten. Doch bislang vergebens.  Andere  behaupten, der Glaube sei Teil der Evolution. Denn:  Wer glaubt, überlebt besser.

Das hieße: Die  Fähigkeit zu glauben, wäre dann  für den Menschen so etwas, wie der lange Hals für die Giraffe. Wenn mein Lieblingsessen, so weit oben am Baum hängt, dann hilft mir die Evolution auch da ranzukommen. Auch wenn es -zig Generationen dauert.

Deshalb  sagen nun manche, „Wenn schon im Bauplan des Menschen, die Bereitschaft zu glauben vorhanden ist, dann muss es für diese Antenne zum Glauben auch einen Sender geben.“ Das wäre dann der wissenschaftliche Beweis für die Existenz Gottes. Andere meinen, dass der Glaube der Ballast der Evolution sei, den wir Menschen allmählich abschütteln müssten. Dies ist nun der Punkt, an dem ich genauso schlau bin wie vorher. Was mich aber  amüsiert,  um nicht zu glauben, muss man das Gehirn viel mehr anstrengen , als um zu glauben. Man muss dazu sogar gegen das eigene Gehirn kämpfen, meint ein Hirnforscher.

Doch das erschreckt mich, dann das hieße ja, der Glauben ist nur was für einfache Gemüter! Der Kabarettist Jürgen Becker legt seinen Finger genau in diese Wunde, wenn er sagt: „Religion ist Hirnforschung ohne Abitur".

Vielleicht ist es auch der falsche Ansatz, im Inneren des Menschen nach Gott zu suchen! Gott wäre dann ein Hirngespinst. Die Bibel sagt, dass Gott außerhalb von uns selbst existiert. Er kann Einfluss auf mein Leben nehmen, und ich kann diesen Einfluss akzeptieren oder ignorieren. Das liegt nicht daran, ob ich eine Antenne für den Glauben habe. Denn ich empfange ja auch andere Signale, die außerhalb meiner Verfügungsgewalt liegen: Liebe zum Beispiel.

Der Biologe mag nun sagen, dass Liebe nur zur Erhaltung der eigenen Art diene. Aber Liebe ist mehr, als Kinder zeugen. Liebe ist Vertrauen, Liebe ist Sorge um den anderen. Liebe heißt auch dem Menschen verbunden zu sein, auf den ich einst wegen seines schönen Körpers und seiner geistreichen Worte aufmerksam geworden bin. Und ich bleibe ihm verbunden, auch und gerade dann, wenn sein Körper im Alter hinfällig wird, und sein Geist ihm nicht mehr erlaubt zu reden.

Die Bibel sagt: „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (1. Joh 4,16). Gott kann ich also nicht in mir selbst suchen. Aber ich erkenne ihn an der Liebe, die er gibt, und die dadurch auch ein Teil von mir wird.

Dennoch ist der Glaube nicht jedermanns Ding! Das liegt aber nicht an einem bestimmten Körperteil, und wenn es das Gehirn ist. Nein, mit meinem ganzen Wesen kann ich empfinden, ob mich jemand liebt oder nicht. Und ich kann auf seine Liebe antworten.

Genauso kann ich die Liebe Gottes erkennen und darauf antworten, oder ich kann sie übersehen. Die Bibel sagt: „Lasst uns [Gott] lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“
(1. Joh 4,19)

Audiobeitrag Hirnforschung und Religion


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